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Lesezeit: 6 Minuten
Vergangene Woche hat mich eine Studentin im Rahmen unseres neuen Flatrate-Modells gefragt, wie man am besten eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 BGB prüfe.
Dazu sei zunächst gesagt, dass es sich bei dem Begriff der unangemessenen Benachteiligung um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, der erst durch die Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zum Leben erweckt wird, sodass sich die Frage nicht pauschal beantworten lässt. Das zeigen auch die folgenden, wenig hilfreichen Definitionen aus Literatur und Rechtsprechung:
Eine Benachteiligung liegt dann vor, wenn die Klausel den Vertragspartner im Vergleich mit der gesetzlich vorgesehenen Regelung schlechter stellt (Schmidt, in: BeckOK-BGB, § 307, Rn. 27). Unangemessen ist eine Benachteiligung dann, wenn der Verwender der AGB durch die einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (ständige Rechtsprechung: BGH, NJW 2001, 2331, 2331 f.; NJW 2000, 1110, 1112; NJW 1997, 3022, 3023 f.; OLG Koblenz NJW-RR 2000, 1042, 1042).
Da die Kenntnis dieser Definitionen bei Weitem nicht reicht, um in der Klausur mit § 307 BGB fertig zu werden, schauen wir uns nun die einzelnen Absätze und Sätze der Reihe nach an.
Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB).
Hier musst du darauf achten, bei der Ermittlung der Gebote von Treu und Glauben auch Rücksicht auf die Verkehrssitte zu nehmen (vgl. § 242 BGB a. E.). Trotz aller Professionalität können etwa bei der Untersuchung von Kunstwerken falsche Ergebnisse nicht ausgeschlossen werden. Zum Beispiel sind letztgültige Aussagen über die Echtheit eines Gemäldes kaum möglich.
Haftungsausschlüsse im Auktionshandel sind daher nicht unbedingt unangemessen benachteiligend, sondern in der Branche sogar üblich.
Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB).
Hierbei spricht man auch vom sog. Transparenzgebot. In der Original-Klausur Z III 602 fand sich unter anderem die folgende Klausel:
Wird der Arbeitgeber durch schuldhaft vertragswidriges Verhalten der Arbeitnehmerin zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses veranlasst, so hat die Arbeitnehmerin an den Arbeitgeber eine Vertragsstrafe in Höhe von einem Brutto-Monatsgehalt/-lohn zu zahlen.
An dieser Klausel sind gleich mehrere Aspekte nicht klar und verständlich, die ich einmal farblich hervorgehoben habe:
Wird der Arbeitgeber durch schuldhaft vertragswidriges Verhalten der Arbeitnehmerin zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses veranlasst, so hat die Arbeitnehmerin an den Arbeitgeber eine Vertragsstrafe in Höhe von einem Brutto-Monatsgehalt/-lohn zu zahlen.
Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, unvereinbar ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB).
Werfen wir einen Blick auf ein Mietvertragsformular aus der Original-Klausur Z II 610, das der Vermieter V seinem Mieter M gegenüber verwendete. In einer vorgedruckten Klausel des Vertrags hieß es:
§ 5. Der Mieter ist verpflichtet, die Wohnung im vertragsgemäßen Zustand zu erhalten und alle hierfür notwendigen Reparaturen auf eigene Kosten auszuführen oder ausführen zu lassen.
Diese Bestimmung weicht primär von zwei gesetzlichen Regelungen ab, mit deren wesentlichen Grundgedanken sie unvereinbar sein könnte:
1. § 535 Abs. 1 S. 2 BGB. Inhalt und Hauptpflichten des Mietvertrags
Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten.
Die drei wesentlichen Grundgedanken des § 535 Abs. 1 S. 2 BGB sind:
2. § 538 BGB. Abnutzung der Mietsache durch vertragsgemäßen Gebrauch
Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt werden, hat der Mieter nicht zu vertreten.
Die drei wesentlichen Grundgedanken des § 538 BGB sind:
Die wesentlichen Grundgedanken der §§ 535 Abs. 1 S. 2, 538 BGB zeigen eindrücklich, warum die Klausel M unangemessen benachteiligt.
Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB).
Vertragszweck eines Mietvertrags
Der Zweck eines Mietvertrags besteht darin, dem Mieter für eine bestimmte Zeit die Nutzung einer Sache gegen Entgelt zu ermöglichen. Dabei bleibt das Eigentum des Vermieters erhalten, während der Mieter die Mietsache gebrauchen kann. Entscheidend ist also das Gebrauchsüberlassungsrecht des Mieters, das der Vermieter für die vereinbarte Mietdauer sicherstellen muss.
Wann ist die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet?
Eine Klausel in den AGB wäre nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB unwirksam, wenn sie eine dieser wesentlichen Rechte oder Pflichten so stark beschränkt, dass der Vertragszweck – also die Überlassung der Mietsache zur Nutzung gegen Entgelt – nicht mehr sinnvoll erfüllt werden kann.
Beispiele für unzulässige Einschränkungen
👉 Wie prüft man eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 BGB – und warum reicht dafür keine einfache Definition?
Der Begriff ist unbestimmt und wird erst durch die Auslegung im konkreten Einzelfall greifbar. Anhand typischer AGB-Klauseln haben wir uns angesehen, wie man mit § 307 Abs. 1 und 2 arbeitet – von der Generalklausel über das Transparenzgebot bis hin zur Gefährdung des Vertragszwecks. Besonders anschaulich wird es m. E. aber erst durch echte Examensbeispiele, bei denen du die Kernideen gesetzlicher Regelungen mit abweichenden AGB vergleichen musst.
Wenn du § 307 BGB richtig anwenden willst, brauchst du also keine Definitionen, sondern ein Gespür für das Zusammenspiel von Vertrag, Gesetz und Lebenswirklichkeit.
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