JNG #300: Die ersten 120 Minuten.

Ein Schritt-für-Schritt-Guide zur idealen Vorbereitung deiner Reinschrift

Lesezeit: 4 Minuten

Wie gehst du in den ersten zwei Stunden deiner Examensklausur vor? Die Antwort auf diese Frage hat überragenden Einfluss auf dein erzieltes Endergebnis. Es geht nicht einfach nur darum, dreimal den Sachverhalt zu lesen. Du sollst mit seiner Hilfe eine Struktur entwickeln, die dir als roter Faden dient. So arbeitest du in erster Linie effizient; du schaltest aber auch zahlreiche Fehlerquellen aus. Schaff dir also frühzeitig eine solide Grundlage für eine deinen Zielen entsprechende Bewertung.

In diesem Beitrag zeige ich dir Schritt für Schritt, wie die ersten 120 Minuten aussehen können. Vom erstmaligen Lesen bis zur Erstellung eines Argumenteschmierzettels – lass uns loslegen.

Am Montag startet das vorerst letzte endlich jura. Bootcamp. Zum Leidwesen einiger von euch haben sich die Prüfungsordnungen geändert. Das bedeutet: Dieser Durchgang ist für viele Kandidat*innen tatsächlich die letzte Möglichkeit, bei einem Bootcamp mitzumachen.

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Die offizielle Anmeldephase endet in der Nacht von Freitag auf Samstag.

Schritt 1: Sachverhaltsanalyse mit der Mindning-Methode

Ziel: Den Sachverhalt vollständig erfassen und zentrale Informationen herausarbeiten.

• Langsam und genau lesen: Lies den Sachverhalt Satz für Satz, Wort für Wort.
• Kernfragen stellen:
• Was will Klausurersteller*in mir mit dieser Information sagen?
• Welches Tatbestandsmerkmal innerhalb welcher Norm wird angesprochen?
• Ist das ein einfacher, ein Problemfall oder irgendwas dazwischen?
• Mindning-Methode anwenden:
• Erstelle eine Tabelle mit drei Spalten:
• Stichwort aus dem Sachverhalt: Wichtigste Fakten und Daten.
• Rechtliche Assoziation: Zu prüfende Tatbestandsmerkmale, Rechtsgedanken und Argumentationsmuster.
• Passende Rechtsnorm(en): Paragrafen oder Artikel, die damit zusammenhängen.

Vorteil: Du hast eine präzise Übersicht zur Hand, die dir bei der Lösungsskizze hilft.

Schritt 2: Ja-/Nein-Rechtsfragen formulieren

Ziel: Abstrakte Probleme greifbar machen.

• Wandle jedes Rechtsproblem in eine Ja-/Nein-Frage um, z. B.:
• Vorher: »Anforderungen an die Rücktrittserklärung nach § 349 BGB«
• Nachher: »Hat K die Rücktrittserklärung rechtzeitig abgegeben?«
• Vorher: »Relevanz der Täuschungshandlung nach § 123 BGB«
• Nachher: »Hat V dem K eine falsche Tatsache vorgespiegelt?«
• Liste alle diese Fragen in der Reihenfolge ihrer Bearbeitung auf.

Vorteil: Dein Lösungsvorschlag wird an den entsprechenden Stellen fokussiert und nachvollziehbar.

Schritt 3: Lösungsskizze erstellen

Ziel: Eine klare Struktur für dein Gutachten entwickeln.

• Grobgliederung:
• Führe die relevanten Anspruchsgrundlagen, Straftatbestände, Ermächtigungsgrundlagen etc. auf.
• Bringe sie in eine sinnvolle Reihenfolge.
• Detailtiefe anpassen:
• Für einfache Fragen reicht ein kurzes Stichwort.
• Für Probleme ergänze ein, zwei knackig formulierte Details.
• FGP²-Methode: Bestimme für jeden Punkt, wie ausführlich du ihn später im Gutachten behandeln willst:
• F = Feststellung
• G = Gutachtenstil
• p = kurze Argumentation
• P = ausführliche Argumentation

Vorteil: Du vermeidest Entscheidungsmüdigkeit. Du kannst nämlich jetzt schon absehen, ob dir die Schwerpunktsetzung gelungen ist.

Schritt 4: Argumenteschmierzettel erstellen

Ziel: Argumentation sauber und strukturiert vorbereiten.

• Pro- und Contra-Liste: Erstelle für jedes Hauptproblem eine Tabelle:
• Pro: Argumente, die für die eine Seite sprechen.
• Contra: Argumente, die dagegen sprechen.
• Beispiel: Für die Frage »Raub oder räuberische Erpressung?« könnte die Tabelle so losgehen:
• Pro Raub: A hat Geld eigenhändig aus Tresor genommen.
• Pro Erpressung: O hat wegen Zwang aktiv mitgewirkt.
• Zeitaufwand: Plane etwa 20 Minuten für die Kernprobleme des Falls ein.

Vorteil: Beim eigentlichen Formulieren musst du nur noch ausführen.

Zusammenfassung und nächste Schritte

Mit diesen Schritten hast du alles getan, was es braucht, um eine super Klausur zu schreiben:

• Sachverhaltsanalyse: Klarheit über die zentralen Umstände.
• Ja-/Nein-Fragen: Präzise Problemformulierung.
• Lösungsskizze: Übersichtliche Struktur mit Prioritäten.
• Argumenteschmierzettel: Vorbereitung einer starken Argumentation.

Starte deine nächste Klausur mit diesem Fahrplan. Du wirst merken, wie viel entspannter und souveräner du deine Reinschrift angehst!

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