JNG #290: Einführung in das Lernen mit Fällen

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Wenn du mich fragst: Das Lernen mit Fällen dürfte aus dem Jura-Studium und erst recht aus der Examensvorbereitung eigentlich nicht mehr wegzudenken sein. Doch die Realität sieht anders aus. Viele angehende Jurist*innen sind sich unsicher, wie und wann die »Fallmethode« am besten angewendet werden sollte. In diesem Beitrag findest du eine leicht verständliche Einführung ins Falllernen, die mit häufigen Missverständnissen aufräumt und dir hilft, die Methode von Anfang an effektiv einzusetzen.

 

Was ist das Lernen mit Fällen – und warum ist es so wichtig?

Im Wesentlichen geht es beim Lernen mit Fällen darum, zuvor erworbene abstrakte Rechtskenntnisse auf konkrete Sachverhalte zu projizieren – auch wenn das nur eine Seite der Medaille ist (dazu gleich mehr). Du setzt dich aktiv mit deinem Wissen auseinander und beginnst, es im Prüfungskontext zu üben. Dadurch wird das, was du gelernt hast, viel greifbarer, und du entwickelst ein Gespür dafür, in welchen Zusammenhängen du es aus dem Gedächtnis abrufen musst.

 

Zwei häufige Missverständnisse zum Falllernen

  1. »Ich kann erst mit Fällen lernen, wenn ich den Stoff durch habe.«
    Viele Studierende glauben, dass sie sich erst dann an Fällen probieren sollten, wenn sie »einmal den gesamten Stoff gehört« haben. Diese Annahme bremst jedoch den Lernprozess. Das Lernen mit Fällen schon früh parallel zur Stoffaneignung zu beginnen (und später verstärkt zu priorisieren), bietet nur Vorteile. Selbst wenn du am Anfang immer wieder Lücken feststellst, lernst du nur durch das Falltraining wirklich, was es heißt, juristisch zu denken und zu arbeiten. Mir persönlich ist auch kein Lehrbuch bekannt, das Themen unterschiedlichster Regelungskreise so miteinander verknüpft, wie ein Fall es kann. Außerdem eignen sich Falllösungen hervorragend dazu, die offenbar gewordenen Lücken gezielt zu schließen. So wird dein Wissen Schritt für Schritt und Fall für Fall ausgebaut.
  2. »Mit Falllernen allein decke ich nicht alles ab, was für das Examen wichtig ist.«
    Ach so, aber das Alpmann-Skript deckt alles ab oder was? Du musst dich von dem Gedanken lösen, dass es das examensrelevante Wissen überhaupt gibt. Damit verunsicherst du dich nur und landest in der Vollständigkeitsfalle. Natürlich kannst du mit dem reinen Falllösen nicht die gesamte Theorie in allen Einzelheiten abdecken – das ist im Examen aber auch gar nicht der Punkt! Noch mal: Das Examen ist keine Wissensabfrage; niemanden juckt es, ob du die Rückseite deiner 5.000 Anki-Basiskarten auswendig kannst. Fang endlich an, dich auf das zu konzentrieren, was in Klausuren wirklich zählt: Methodenkompetenz. Das Lernen mit Fällen kombiniert juristische Denk- und Arbeitsmethoden mit zuverlässigen Wissenslückenanalysen und führt langfristig zu besser verwertbarem Wissen. Wenn du einen Sachverhalt analysierst und feststellst, dass du nicht in der Lage bist, ein bestimmtes Keyword einer Norm oder einem Rechtsinstitut zuzuordnen … voilà, da hast du deine Lücke! Kein Lehrbuch oder Skript dieser Welt kann dir diese Erkenntnisse abnehmen oder gar versprechen, dass du seine Inhalte auch tatsächlich brauchst. Fälle machen offensichtlich, was du brauchst.

 

So funktioniert das Lernen mit Fällen

Die Fallmethode lässt sich im Wesentlichen in fünf Schritte unterteilen. Diese Schritte dienen als Leitfaden, um strukturiert und zielgerichtet zu arbeiten. Nicht jedes Falltraining erfordert das Durchlaufen aller fünf; die ersten drei sind aber obligatorisch. 

Schritt #1: Sachverhalt erfassen

Zwinge dich dazu, den Sachverhalt in aller Ruhe zu lesen, und schreibe dir zentrale Fakten, Datumsangaben und Verhältnisse separat auf. Schreib sie dir unter keinen Umständen an den Sachverhaltsrand!

Überlege: 

  • Was ist genau passiert und was hat das zu bedeuten? 
  • Wer sind die Beteiligten? 
  • Welche ihrer Handlungen oder Aussagen haben rechtliche Relevanz?

Wenn du mit der von mir entwickelten Mindning-Tabelle arbeitest, sieht das so oder so ähnlich aus: 

Schritt #2: Rechtsfragen benennen

Nachdem du den Sachverhalt lückenlos erfasst hast, listest du alle Rechtsprobleme auf, die sich im Fall stellen. Um das jeweilige Problem eindeutig definieren zu können, empfiehlt es sich, es in eine Frage umzuwandeln, die du mit Ja oder Nein beantworten kannst.

  • Aus »Anforderungen an die Fristsetzung im Sinne des § 281 BGB« wird »Erfüllt eine Aufforderung zum schnellstmöglichen Nacherfüllen die Anforderungen an eine Fristsetzung im Sinne des § 281 BGB?«. 
  • Aus »Wissenszurechnung bei juristischen Personen« wird »Setzt eine Wissenszurechnung analog § 166 Abs. 1 BGB voraus, dass der Wissensvertreter eine gewisse Verantwortung für das konkrete Geschäft hatte?«. 

Du merkst: Das Problem wird augenblicklich greifbarer – und das macht es später leichter, es zu lösen.

 

Schritt #3: Prüfprogramm skizzieren

Je nach Klausur genügt es, die wichtigsten Anspruchsgrundlagen, Straftatbestände oder Grundrechte zusammenzutragen und in eine sinnvolle Reihenfolge zu bringen (grobes Prüfprogramm). Dann wiederum gibt es Klausuren, die von einer sehr feinen Gliederung profitieren, weil du andernfalls die Systematik aus den Augen verlierst (ausführliche Lösungsskizze). Mach das einfach vom jeweiligen Fall abhängig, den du gerade bearbeitest.

Für den Fall, dass du in Schritt #3 eine richtige Lösungsskizze erstellt hast, kannst du dir nun jeden Prüfungspunkt noch einmal gesondert anschauen und bereits jetzt entscheiden, in welchem Umfang du ihn später im Gutachten abhandeln möchtest (Schritt #4). Für den Fall, dass du deine Problemlösungskompetenz trainieren möchtest, empfiehlt es sich, zumindest noch ein, zwei Stellungnahmen zu den größten Rechtsfragen des Falls stichpunktartig vorzubereiten (Schritt #5).

Nach Abschluss von Schritt #3 kannst du dich guten Gewissens der Musterlösung zuwenden. Der Trick besteht darin, die Musterlösung selektiv zu lesen. Nicht jede Klausur muss von A bis Z beleuchtet werden. Oft reicht es, sie gezielt nach den Informationen zu durchforsten, die bei der Analyse des Sachverhalts keine passenden Assoziationen bei dir hervorgerufen haben. Und: Arbeite fehlende Grundlagen nach! Wenn dir ein Konzept oder ein Tatbestandsmerkmal unklar ist, dann lass dich ruhig auf eine entsprechende theoretische Vertiefung ein. Wirklich wiederholen wirst du den Punkt aber später, wenn dich ein anderer Fall erneut darauf stößt.

 

Tipps für effektives Falllernen

  • Regelmäßig üben: Lege feste Zeiten fürs Falltraining in deinem Wochenplan fest, damit du sicherer in der Methode wirst. Gerade die Sachverhaltsanalyse ist wie ein Muskel – je häufiger du ihn aktivierst, desto stärker wird er. Denk also darüber nach, dir mit der Zeit einen oder mehrere »Falltage« einzurichten.
  • Selbstkorrektur und Dialog anstreben: Korrigiere deine eigenen Lösungsansätze mithilfe der Musterlösung und prüfe, ob deine Prüfungsreihenfolge und deine Argumentation stimmig sind. Setz dich mit Kommilitonen zusammen und diskutiert die vertretenen Ansichten.

Falls du Fragen oder bereits eigene Erfahrungen mit dem Lernen mit Fällen gemacht hast, teile diese gerne in einer Antwort-E-Mail. Ich freue mich auf deine Rückmeldung!

 

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