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Ich brauche dir nicht zu sagen, dass du den Gutachtenstil beherrschen musst. Dennoch hast du dich sicher schon gefragt, ob deinem Gutachtenstil irgendetwas fehlt. Warum fällt das Subsumieren immer wieder so schwer? Das kann doch nicht so schwer sein!
Ich verrate dir heute einen häufig übersehenen Kniff, den ich bislang nirgends geteilt habe. Zugegebenermaßen war ich mir bis vor Kurzem gar nicht im Klaren darüber, dass ich ihn anwende. So ist das manchmal, wenn man seit zehn Jahren nichts anderes macht!
Wie du weißt, besteht der Gutachtenstil aus vier grundlegenden Schritten: Obersatz, Definition, Subsumtion und Ergebnis. Das ist jetzt sicher nichts Neues. Der Knackpunkt liegt in der Vorgehensweise auf und der Präsentation der Definitionsebene.
Die meisten Studierenden schreiben einfach eine auswendig gelernte Definition hin und copy-pasten dann den Sachverhalt. Gerade bei komplizierteren Rechtsfragen, die am äußeren Rand des Anwendungsbereichs einer Norm oder eines Tatbestandsmerkmals liegen, ist das jedoch nicht ausreichend.
Insbesondere die Rechtsprechung und Menschen wie ich, die ständig Lösungsvorschläge schreiben müssen, belassen es aber nicht dabei. Sie fügen einen Zwischenschritt ein und konkretisieren ihren Prüfungsmaßstab. Bevor du zur Subsumtion übergehst, machst du die Definition praktisch klausurfit. Du gibst also nicht nur die allgemein-taugliche Definition wieder, sondern abstrahierst vom Sachverhalt ausgehend (keine Sorge – ich erkläre das gleich an einem Beispiel).
Um den Schritt 2 ½ noch besser zu verinnerlichen, sieh dir die folgende Grafik an. Sie zeigt dir, wie du den zusätzlichen Schritt in deinen Gutachtenstil einbauen kannst. Speichere die Grafik ab oder drucke sie aus, damit du sie bei deiner Klausurvorbereitung jederzeit zur Hand hast.
Erst durch diesen konkretisierten Prüfungsmaßstab wird eine präzise Subsumtion wirklich möglich. Erfahrene Korrektor*innen beim JPA erkennen sofort, dass du ein tieferes Verständnis für die juristischen Arbeitsmethoden hast und nicht nur oberflächlich agierst.
Dieser zusätzliche Zwischenschritt ist natürlich nicht nur bei Mietrechtsfällen wie im folgenden Beispiel hilfreich. Egal, ob du im Familienrecht, bei den Vermögensdelikten oder im Verwaltungsrecht unterwegs bist – wann immer sich der Sachverhalt nicht so recht mit der Definition decken mag, hilft dir dieser konkretisierte Prüfungsmaßstab. Er schafft Klarheit und ermöglicht es dir, auch schwierige Fälle sauber zu bearbeiten.
Jetzt, da du den theoretischen Hintergrund kennst, sieh dir an, wie du diesen Schritt konkret in deiner Klausur umsetzen kannst. Lass uns das Ganze greifbar machen.
Stell dir folgende Klausurkonstellation vor:
Wegen der Covid-19-Pandemie wird durch eine formell und materiell rechtmäßige und verfassungsgemäße nordrhein-westfälische Rechtsverordnung die Schließung der Gastronomie angeordnet. Gastronom G meint, er müsse aufgrund dieses Sachmangels während der zwangsweisen Schließung nur eine reduzierte Miete zahlen.
Ob dem so ist, steht und fällt mit § 536 Abs. 1 BGB. Dort heißt es:
Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.
Anstatt in der Klausur nach dem Obersatz bloß hinzuschreiben, dass ein Sachmangel die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch zumindest erheblich mindert, gehst du einen Schritt weiter:
»Hierzu müsste ein Sachmangel wegen fehlender Nutzungsmöglichkeit der Räume während des Lockdowns gegeben gewesen sein. Dies setzt voraus, dass die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch zumindest erheblich gemindert war (vgl. § 536 Abs. 1 S. 2, S. 3 BGB). Öffentlich-rechtliche Nutzungsbeschränkungen begründen allerdings nur dann einen Sachmangel, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit der Mietsache beruhen und ihre Ursache nicht in externen Faktoren haben, die außerhalb des Einflussbereichs des Vermieters liegen.«
Du fragst dich, wie du darauf in der Klausur überhaupt kommen sollst? Auch hier hilft – wie so oft – ein Normalfallvergleich: Welchen simplen, superkurzen Fall eines Sachmangels kannst du dir vorstellen, der sich mit dem Problemfall in der Klausur vergleichen lässt? Kandidat Marius aus dem Bootcamp hat sich für ein einsturzgefährdetes Gebäude entschieden, das die zuständige Behörde zu räumen angeordnet hat:
👉 Statt direkt in die Subsumtion zu gehen, schaffst du durch diese Konkretisierung mit Blick auf den vorliegenden Fall zunächst eine solide Grundlage, bevor du Definition und Sachverhalt abgleichst. Ohne diesen Schritt läuft man Gefahr, in der Subsumtion unsauber zu arbeiten und damit wertvolle Punkte zu verlieren.
Wenn du diesen Kniff anwendest und deinen Prüfungsmaßstab in der Klausur konkretisierst, wird dir die Subsumtion augenblicklich leichter fallen. Ich garantiere dir, dass das den Unterschied zwischen einer ausreichenden und einer befriedigenden Bearbeitung machen kann.
Probiere es in deiner nächsten Klausur aus – konkretisiere deinen Prüfungsmaßstab und erlebe selbst, wie viel einfacher die Subsumtion wird. Der erhoffte Notensprung wartet auf dich!
Wenn du nicht fertig wirst, ist dein Gutachten praktisch unbrauchbar. Es reicht aber nicht, einfach nur fertig zu werden; du musst an den entscheidenden Stellen argumentieren. Dabei hilft dir unsere FGP²-Methode.
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