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In dieser Ausgabe von Jura neu gedacht setzen wir uns mit einem zentralen Begriff des öffentlichen Rechts auseinander – dem Verwaltungsakt. Verwaltungsakte beeinflussen etliche Bereiche des juristischen Alltags und sind obendrein noch zu 62,1 % Gegenstand von Klausuren. Insoweit wäre es ideal, wenn wir uns die wichtigsten Aspekte (noch mal) zusammen anschauen würden – ob du nun am Anfang deines Jura-Studiums stehst oder einen kleinen Refresher in der Examensvorbereitung benötigst.
Also, worum geht’s genau?
Dazu lesen wir natürlich als Allererstes das Gesetz …
§ 35 S. 1 VwVfG. Begriff des Verwaltungsaktes
Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.
Dem Wortlaut können wir demnach sieben Tatbestandsmerkmale entnehmen:
👉 In der Klausur würde ich das übrigens nicht ganz so penibel aufbauen, sondern statt dreier separater Punkte »hoheitliche Maßnahme einer Behörde« prüfen. Das stellt zudem sicher, dass keines der Merkmale ohne seinen direkten Anknüpfungspunkt »in der Luft« hängt.
Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.
Verschaffen wir uns zunächst einen Überblick über die einzelnen Tatbestandsmerkmale …
Behörde im Sinne des VwVfG ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt (§ 1 Abs. 4 VwVfG).
Was eine Maßnahme ist, verstehst du am besten, wenn du eine Querverbindung zur privaten Maßnahme Nr. 1 schlägst. Eine Maßnahme im Sinne des § 35 S. 1 VwVfG ist nämlich jede Handlung, mit der ein Erklärungszeichen gesetzt wird. Das entspricht definitorisch im Wesentlichen dem Kundgabeakt – dem ersten objektiven Tatbestandsmerkmal der Willenserklärung.
Wann eine Maßnahme hoheitlich ist, verstehst du wiederum am besten, wenn du an den Verwaltungsrechtsweg und die modifizierte Subjektstheorie denkst. Danach ist eine Norm öffentlich-rechtlich, wenn sie einen Hoheitsträger einseitig berechtigt oder verpflichtet. Deshalb ist eine Maßnahme hoheitlich, wenn die handelnde Behörde damit einseitig Gebrauch von einer normierten Berechtigung macht.
Auch hier lohnt sich wieder ein Blick aufs Zivilrecht, genauer genommen auf die Willenserklärung. Willenserklärungen sind private Willensäußerungen, die auf die Herbeiführung einer Rechtsfolge abzielen. Nicht groß anders ist das im Verwaltungsrecht. Eine Maßnahme hat nämlich Regelungscharakter, wenn sie auf die Herbeiführung einer Rechtsfolge abzielt.
Es sind drei Einzelfallkonstellationen denkbar:
Das Gegenstück zum Einzelfall sind abstrakt-generelle Regelungen.
Falls du dich gerade gefragt haben solltest, was abstrakt-generelle Regelungen sind …
Das sind Gesetze 🤯🤣.
Die Abgrenzung von öffentlichem und privatrechtlichem Handeln ist ein schwieriges Thema und wahrscheinlich Stoff für einen eigenen Beitrag. Grundsätzlich gilt: Eine Maßnahme wird als öffentlich-rechtlich eingestuft, wenn die Rechtsgrundlage, die die Behörde zum Handeln ermächtigt (die sog. Ermächtigungsgrundlage), öffentlich-rechtlich ist. Das Merkmal hat also keinen eigenständigen Gehalt neben der Qualifizierung der Maßnahme als hoheitlich. Einfach gesagt: Wenn eine Behörde aufgrund eines Gesetzes handelt, das für öffentliche Stellen gemacht ist, dann handelt sie öffentlich-rechtlich.
Zum Mitnehmen: Das Merkmal »öffentlich-rechtlich« wiederholt sich, weil in § 35 S. 1 VwVfG steht: »jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme«. Durch die Einfügung des Wörtchens »andere« wird klargestellt, dass Verfügungen und Entscheidungen im Sinne der Norm immer hoheitlich sind, ähnlich wie im Strafrecht bei der Formulierung »mithilfe einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs« (vgl. § 224 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 StGB). Das nennt man übrigens innertatbestandliche Modalitätenäquivalenz. Schöner Begriff, was?
Dieses durchaus komplizierte Merkmal setzt sich aus drei Elementen zusammen:
👉 Gut zu wissen: Gedanklich verknüpfen kannst du das mit dem klassischen Eingriffsbereich, wo die Grundrechtsbeschränkung ebenfalls unmittelbar und final sein muss.
Auch wenn nicht alle Merkmale eines Verwaltungsakts gegeben sind, kann dennoch ein Verwaltungsakt vorliegen. Dies setzt voraus, dass die in Rede stehende behördliche Maßnahme zumindest in die äußere Form eines Verwaltungsakts gekleidet ist. Heißt: Was wie ein Verwaltungsakt aussieht, ist auch ein Verwaltungsakt.
Ich hoffe, dieser Beitrag konnte dir einen guten Einblick in die vielschichtige Welt des Verwaltungsakts geben. Wenn du gerne mehr solcher Beiträge sehen würdest oder sogar einen Themenwunsch hast, dann lass es mich gerne wissen, indem du auf diese E-Mail antwortest. Bis nächste Woche und viel Erfolg beim Lernen!
Diese kleine Video-Podcast-Reihe behandelt effektive Notizen in der Klausur. Im dritten Video geht es um den Einwand Nr. 1 gegen direkte Notizen beim ersten Lesen – und warum du sie trotzdem machen solltest!
Mein Ziel mit endlich jura. ist es, allen Studierenden eine Examensvorbereitung in Rekordzeit zu ermöglichen, ohne endlos Schemata, Streits und Definitionen auswendig lernen zu müssen. So kann ich dir helfen:
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