JNG #274: Die einseitige Erledigungserklärung in der ZPO

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In dieser Ausgabe beschäftigen wir uns mit einem wichtigen, aber oft übersehenen Instrument des Zivilprozesses: der einseitigen Erledigungserklärung. Sowohl für Studierende als auch Referendar*innen ist es von Bedeutung, dieses Verfahren zu verstehen, um in Prüfungssituationen und im späteren Berufsleben unnötige Kosten und prozessuale Nachteile zu vermeiden.


Die rechtlichen Grundlagen im Überblick

Die einseitige Erledigungserklärung ist in der ZPO nicht ausdrücklich geregelt. Ausdrücklich geregelt ist nur die beidseitige Erledigungserklärung (vgl. § 91a ZPO). Die einseitige Erledigungserklärung wird relevant, wenn eine zulässige und begründete Klage nach Eintritt der Rechtshängigkeit (§§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 BGB) auf einmal nicht mehr zulässig oder begründet ist. Etwa weil der Beklagte K zwischenzeitlich die geschuldeten 500 € an V gezahlt hat.

Die einseitige Erledigungserklärung ist eine privilegierte Form der Klageänderung (vgl. §§ 263 f. ZPO). Privilegiert deshalb, weil Klageänderungen grundsätzlich gerade nicht zulässig sind. 

Bei der einseitigen Erledigungserklärung wird der Klageantrag in der Hauptsache beschränkt (vgl. § 264 Nr. 2 Alt. 2 ZPO); statt einer Leistung fordert der Kläger nunmehr nur noch eine Feststellung. Aus dem ursprünglichen Leistungsantrag (V verlangt Zahlung in Höhe von 500 € von K) wird ein Antrag auf Feststellung, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat. Der Feststellungsantrag tritt also an die Stelle des ursprünglichen Leistungsantrags.

Aber warum überhaupt den Rechtsstreit für erledigt erklären? Weil der Kläger andernfalls die Kosten des Rechtsstreits tragen müsste (vgl. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO), genauso wie wenn die ursprüngliche Klage schon unzulässig oder unbegründet gewesen wäre. Die einseitige Erledigungserklärung schützt den Kläger also vor der negativen Kostenfolge.

Den Rechtsstreit einseitig für erledigt erklären, kann nur der Kläger; für den Beklagten ist der Streitgegenstand nicht disponibel. Da die einseitige Erledigungserklärung eine Prozesshandlung darstellt, müssen die allgemeinen Prozesshandlungsvoraussetzungen erfüllt sein. Insbesondere muss im Anwaltsprozess (vgl. § 78 Abs. 1 ZPO) auch die Erledigungserklärung vom Anwalt abgegeben werden.


Zulässigkeit der Feststellungsklage

Die Zulässigkeit der Feststellungsklage kann zwei kleinere Probleme im Rahmen der besonderen Sachurteilsvoraussetzungen aufwerfen:

  1. Rechtsverhältnis

Bei der Feststellung der Erledigung der ursprünglichen Klage muss es sich um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis (vgl. § 256 Abs. 1 ZPO) handeln. Dies setzt jedoch voraus, dass es nicht bloß um die Feststellung der Tatsache geht, dass sich der Rechtsstreit erledigt hat. Das kann nämlich nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein.

Um dieses Problem zu lösen, präzisiert die herrschende Klageänderungstheorie den geänderten Antrag: Dieser sei auf die Feststellung der nachträglichen Unzulässigkeit oder Unbegründetheit einer ursprünglich zulässigen und begründeten Klage gerichtet. Obwohl diese Theorie manchmal als unklar empfunden wird, ist sie in der Praxis weitverbreitet und akzeptiert.

  1. Rechtliches Feststellungsinteresse

Ferner muss der Kläger ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits haben (§ 256 Abs. 1 ZPO a. E.). Das lässt sich leicht begründen: Je nachdem, wie das Gericht entscheidet, trägt der Kläger die Kosten oder sie bleiben ihm erspart (s. schon o.). Ihm steht auch sonst kein »preiswerterer« Weg offen, um auf die Erledigung zu reagieren; Klagerücknahme, -verzicht oder -fortsetzung begründen stets eine Kostenpflicht.


Begründetheit der Feststellungsklage

Die Feststellungsklage ist begründet, wenn sich der Rechtsstreit in der Hauptsache tatsächlich erledigt hat. Dies ist der Fall, wenn die ursprüngliche Klage zulässig und begründet war, aber durch ein Ereignis nach Rechtshängigkeit unzulässig oder unbegründet wurde.

Mit dem erledigenden Ereignis ist der objektive Lebenssachverhalt gemeint, der dazu führt, dass der Klageanlass wegfällt. Aber Achtung: Nur ein Ereignis nach Rechtshängigkeit der Klage kann zur Erledigung führen! Denn erst die Zustellung des Schriftsatzes bestimmt Prozessrechtsverhältnis, Parteien und Streitgegenstand. Vorher ist ein Rechtsstreit im Sinne der ZPO noch gar nicht entstanden. Ist die Klage anhängig, aber bislang nicht rechtshängig, ist § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO einschlägig.

Ich hoffe, dieser Überblick zur einseitigen Erledigungserklärung war hilfreich. Bei weitergehenden Fragen oder Themenwünschen für zukünftige Newsletter antworte einfach auf diese E-Mail. Welche Aspekte des Zivilprozesses interessieren dich besonders? Ich freue mich auf deine Nachricht und lese jede Einzelne.

 

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